Von guten Mächten wunderbar geborgen,
erwarten wir getrost was kommen mag.
Gestern Nacht saß ich bei einem Kind. Es spielte mit kleinen Holzfiguren.
„Hallo Angelus.“
„Guten Abend Tom.“
„Spielen wir heute wieder?“
„Ein letztes Mal.“
„Warum ein letztes Mal?“
„Ich komme nur noch heute zu Dir.“
Tom sah mich sehr traurig an.
„Hast Du mich nicht mehr gerne? Bin ich Dir lästig?“
„Aber nein!“
Toms Augen strahlten und ich spielte dies kleine Holzspiel mit den bunten Figuren.
„Angelus? Es wird bald hell.“
„Ich weiß.“
„Müssen wir jetzt gehen?“
Ich nickte und wurde sehr traurig, denn ich musste dieses Kind in unsere Welt holen.
„Angelus? Mama wird froh sein, dass ich ihr nicht mehr zur Last falle.“
Ich schüttelte den Kopf und das erste Mal wischte ich mir eine Träne ab. Bis zu jenem Tag wusste ich nicht, dass ich als Engel auch weinen konnte.
„Deine Mutter wird traurig sein und Dich vermissen.“
Tom wurde sehr still.
„Sie kommt nur selten hierher und sie sagt, dass es so schwierig mit mir sei. Sie hätte keine Zeit.“
„Sie liebt Dich, kann aber nicht verstehen, warum gerade ihr Kind nicht wieder gesund wird.“
„Also bin nicht ich an allem Schuld?“
Ich verneinte diese Frage und deutete auf den bunten Block in Toms Bett.
„Deine Mutter wird sich sehr freuen, dass Du ihr ein so schönes Buch gemalt hast.“
Tom freute sich.
„Ja, mit vielen Bildern und kleinen Texten über sie und mich. Aber auch Dich habe ich gemalt.“
Ich stand auf.
„Schon?“
„Ja.“
„Ist es dort, wo wir hingehen schön?“
„Es ist als ein Ort an dem Du nie wieder Schmerzen hast und immer glücklich bist.“
Tom lehnte sich zurück und umklammerte seine Farbstifte.
„Die nehme ich mit.“
Dann schloss er seine Augen. Die Hände wurden schlaff und die Farbstifte fielen ihm aus der Hand.
Ich sah mich noch einmal im Zimmer der Krebsstation um und verließ lautlos den Raum.
© Urheberrechte liegen bei Stefanie Bernecker