1. Kapitel: Vitalistisches Lebensprinzip

Friedrich Nietzsche/Georg Heym

 

Mit dem Absturz des Seiltänzers in der Vorrede von Friedrich Nietzsches "Also sprach Zarathustra" wird die Gefahr und die damit verbundene Gewalt der Artistik thematisiert. Nietzsche hat in seinem Werk kein weiteres Mal auf dieses ontologische Bild zurückgegriffen. Wenn er an anderen Stellen von "Artistik" spricht, umschreibt er damit die herausragende und zugleich gefährliche Existenz seines Schreibens und Philosophierens.
Gleichzeitig ist der "Possenreiter" eine häufig auftauchende Figur:

"Unheimlich ist das menschliche Dasein und noch immer ohne Sinn: ein Possenreiter kann ihm zum Verhängnis werden" (1)
Wie Bruno Hillebrand nachgewiesen hat, sah Gottfried Benn in Nietzsche den ersten Autor der deutschen Literatur, der den Begriff "Artistik" der Zirkus-Sphäre enthoben hatte. Hillebrand interpretiert den Begriff der Arti­stik bei Nietzsche ausschließlich als Begriff zur Beschreibung stilistischer und ästhetischer Posi­tionen. Nur einmal heißt es zu Nietzsche: "Die Kunst wird bewußt in die Zirkussphäre, in eine Welt der brillanten Effektmacherei projiziert." (2) Daß die Artistik bei Nietzsche in einem eindrucksvollen Bild auftaucht, nämlich in der Begegnung des Seiltänzers mit dem Possenreiter auf dem Seil, bleibt in seiner Arbeit unerwähnt.
Nietzsche hat in dieser Szene bewußt auf die Zirkussphäre zurückgegriffen, weil er hier die passenden Figuren zur Darstellung seiner lebensphilosophischen wie auch ästhetischen Überzeugungen gefunden hat.

In Georg Heyms Gedicht sind die Seiltänzer der Realität der Betrachter völlig entrückt, sie sind vom Boden aus kaum noch zu erkennen. Der dünne Beifall der Zuschauer kann die Artisten kaum noch erreichen. Gleich Vögeln sind sie den bodenverhafteten Menschen überlegen, allerdings bleibt ihre Tat ohne gesellschaftliche Auswirkung. Todesgefahr und Gewalt sucht Heym in Regionen auf, in denen diese nicht wie in der Artistik gebannt und ästhetisiert sind.

 

Friedrich Nietzsche: "Also sprach Zarathustra"



Ursache für den Absturz des Seiltänzers ist, daß der Possenreiter über ihn springt:

"Mit schnellen Schritten"
folgt der Possenreiter dem Seiltänzer auf dem Seil:

"als er aber nur noch einen Schritt hinter ihm war, da geschah das Erschreckliche, das jeden Mund stumm und jedes Auge starr machte: er stiess ein Geschrei aus wie ein Teufel und sprang über Den hinweg, der ihm im Wege war. Dieser aber, als er seinen Nebenbuhler siegen sah, verlor dabei den Kopf und das Seil; er warf seine Stange weg und schoss schneller als diese, wie ein Wirbel von Armen und Beinen, in die Tiefe." (3)
Der Possenreiter ist Antipode des Artisten und zugleich "böser Geist" (4), übrigens eine getreue Figur des artistischen Clowns (5). Er ist der scheinbar Leichtere, als habe nur er die Schwerkraft restlos überwunden, während der Seiltänzer ihr Opfer wurde.

"(...) obwohl er sich 'Über dem Markte und dem Volke' bewegt. ist er kein 'höherer' Mensch - das Seil wird ihm nicht zur Brücke. Dieses Mangels an Kraft wegen ist ihm eine Gestalt gesellt, die ihn jagt, sich auf sein Geschäft besser versteht als er selbst. Zwar ist sie 'einem Possenreiter gleich', aber ihre Stimme ist 'fürchterlich', denn sie entdeckt das Tun des Artisten als schon überholt." (6)
Zarathustra erleichtert dem Seiltänzer das Sterben, indem er ihm das Jasagen zu seinem Geschick lehrt: 

"'Nicht doch, sprach Zarathustra; du hast aus der Gefahr deinen Beruf gemacht, daran ist Nichts zu verachten. Nun gehst du an deinem Beruf zu Grunde: dafür will ich dich mit meinen Händen begraben.'"(7)
Lediglich der Mut ist das Lobenswerte:

"Der Mut macht den Artisten und den Fürsprecher des Lebens zu Brüdern, des passiven und den aktiven Nihilismus, denn: 'Der Mut schlägt auch den Schwindel tot an Abgründen: und wo stünde der Mensch nicht an Abgründen!"(8)
Die Tatsache, daß das Wort "Nichts" ("daran ist Nichts zu verachten") mit großem Anfangsbuchstaben geschrieben ist, deutet darauf hin, daß es an der Berufswahl des Seiltänzers nicht nur nichts auszusetzten gibt. Das Wort "Nichts" ist durchaus auch als Substantiv zu verstehen, was dann soviel heißt, wie das Nichts, im Sinne des Nihilistischen an der Berufswahl des Artisten. Der Possenreiter aber blieb der Sieger, weil er den Schein des Überlegeneren wahrte.

"Zarathustras Geschichte in all ihren Momenten ist seiner Beziehung zum Nihilismus, d.h. zum bösen Geist, eingeschrieben. Der böse Geist stellt den Geist des Negativen dar, die Macht zum Verneinen, die unterschiedliche, dem Anschein nach entgegengesetzte Rollen erfüllt. Bald läßt dieser Geist sich vom Menschen tragen, ihm einredend, daß das Gewicht, mit dem er ihn belädt. die Positivität selbst sei. Bald springt er dagegen über den Menschen hinweg und entzieht ihm so jegliche Kräfte und jeden Willen. Der Widerspruch ist reiner Schein: Im ersten Fall ist der Mensch das reaktive Wesen, das sich der Macht bemächtigen und die ihn zuvor beherrschende Macht durch seine eigenen Kräfte ersetzen will. In Wirklichkeit findet hier der böse Geist die Gelegenheit, sich tragen, sich aufnehmen zu lassen und, hinter falscher Positivität verkleidet, seinem ureigensten Werk nachzugehen. Im zweiten Fall ist der Mensch der letzte Mensch: immer noch reaktives Wesen, ist er aber zu kraftlos, um vom Willen Besitz zu ergreifen; er ist der böse Geist, der dem Menschen alle Kräfte entzieht, der ihn kraft und willenlos zurückläßt."(9)
Der Possenreiter ließ den Seiltänzer dessen eigenen Nihilismus erkennen. Der Nihilismus, wie ihn Nietzsche in seiner Zeit sieht, ist nur noch Ernüchterung (10), eine Leere, die seit der Erkenntnis, daß Gott tot ist (11), bleibt. Sowie der Sinn des Jenseits verloren geht, bleibt ein sinnloses Leben zurück. Der zeitgenössische Nihilismus verlor (in der Sicht Nietzsches) ein Jenseits, ohne das Diesseits zu gewinnen. Zarathustra aber lehrt, wie man gewinnt, wenn man verliert. So ist es nicht damit getan, daß der Possenreiter auf den Nihilismus des Seiltänzers verweist, es fehlt noch die Erkenntnis in die Notwendigkeit des Untergangs, die der Artist nicht vermitteln kann:

"Der Mensch ist etwas, das überwunden werden muss. Es giebt vielerlei Weg und Weise der Überwindung: da siehe du zu! Aber nur ein Possenreiter denkt: 'der Mensch kann auch übersprungen werden.'"(12)
Der Mensch ist "ein Übergang und ein Untergang" (13) und Zarathustra liebt nur die,

"welche nicht zu leben wissen, es sei denn als Untergehende, denn sie sind die Hinübergehenden."(14)
Diese Metaphorik des Unter- und Hinübergehens, die ganz der Bildsprache des Neuen Testaments entspricht, ergibt ihren Sinn durch die von Zarathustra entdeckte "Ewige Wiederkunft" (15). Der Mensch muß, will er denn zum Übermenschen werden, seinen eigenen Untergang bejahen. Im Kapitel "Vom höheren Menschen" heißt es:

"Immer mehr, immer Bessere eurer Art sollen zu Grunde gehen..."(16)
und:

"So lernt doch über euch hinweg lachen! Erhebt eure Herzen, ihr guten Tänzer, hoch! höher! Und vergesst mir auch das gute Lachen nicht!" (17)
Nach dem proklamierten Tode Gottes wird der Wagnis- und Spielcharakter des menschlichen Daseins offenbar. Der Possenreiter ist nötig, um das "Erschreckende", den Absturz, womit dann die Erkenntnis einleitet wird , zu bewirken. Der Schein des Überlegeneren, des Leichteren, des Tänzerischen und des Lachens ist Bedingung, um den Untergang hervorzurufen, damit dieser vom Untergehenden bejaht werden kann. Der Weg zum Übermenschen führt also über die Akzeptanz des Scheins, mithin des Scheincharakters der Kunst. Nietzsche war vom hohen Wert und der Notwendigkeit des Scheins in der Kunst überzeugt.
Schon in der "Geburt der Tragödie" schrieb er:

"Je mehr ich nämlich in der Natur jene allgewaltigen Kunsttriebe und in ihnen eine inbrünstige Sehnsucht zum Schein, zum Erlöstwerden durch den Schein gewahr werde, um so mehr fühle ich mich zu der metaphysischen Annahme gedrängt, dass das Wahrhaft-Seiende und Ur-Eine, als das ewig Leidende und Widerspruchsvolle, zugleich die entzückende Vision, den lustvollen Schein, zu seiner steten Erlösung braucht: welchen Schein wir, völlig in ihm befangen und aus ihm bestehend, als das Wahrhaft-Nichtseiende d.h. als ein fortwährendes Werden in Zeit. Traum und Causalität, mit anderen Worten, als empirische Realität zu empfinden genöthigt sind." (18)
Das Dionysische ist tragisch, gleichzeitig aber voller Lebenskraft und Lebensmut. Im Rausch des dionysischen Festes erlebt der Mensch die befreiende Entindividualisierung: die Entdeckung der menschlichen Identität wird nicht getrübt durch die Reflexion, durch das appolinische Prinzip der Individuation.
Nietzsche fordert ein Festhalten am Schein, allerdings im Wissen darum, daß es sich um Schein handelt. Erst wenn der Wille zur Täuschung bewußt geworden ist, kann der Mensch souverän sein. Deshalb weist Nietzsche oft darauf hin, daß die Poeten Lügner sind, ohne sie deswegen letztlich gering zu schätzen. (19) Nietzsches dionysische Lebensphilosophie steigert sich dann im Zarathustra zu einer Feier des Lebens, wobei den Kräften ein freies Spiel eingeräumt wird. Und Nietzsche entdeckt dabei jene Grausamkeiten, wie den absichtlich herbeigeführten Absturz des Seiltänzers. Solche Brutalismen, dieser "Tarzanismus als Philosophie"(20), mit seiner Verachtung des Intellekts, werden ins gleiche Recht gesetzt, wie die tänzelnde Leichtigkeit, die sich über Abgründe hinwegsetzt.
In der Figur des Possenreiters verschmilzt die Idee der artistisch-tänzelnden mit der Idee der gewalttätig-mitleidslosen Lebensbewältigung. Der Seiltänzer aber "kann das Gleichgewicht nicht halten, auf das sein Beruf ihn anweist: der moderne Artist ist nicht dionysisch." (21)



Georg Heym: "Die Seiltänzer"



Die Seiltänzer können die Zuschauer durch ihre Darbietung nicht begeistern. Das Publikum hat für die Artisten nur einen dünnen Beifall übrig.

"The performers almost irritate more than they please or thrill, and the lifeless and strange nature of the performers is indicative of how little relevance they have for those in the galleries. What formerly was considered the daring spectacle that no one could resist has been reduced to an empty exercise that fails to move the crowds to more than listless applause." (22) 
Anstatt zu vitalistischen Assoziationen zu greifen, werden die Artisten als "wesenlos" und "seltsam" beschrieben. Sie erscheinen "wie weiße Vögel" (23). Die Menschen, die in den Werken Heyms auftreten, sind allesamt gesellschaftliche Außenseiter: "Irre, Gefangene, Selbstmörder, Blinde, Taube, Krüppel, Bettler". (24) Das Leben dieser Menschen wird geprägt durch unterschiedliche Formen der Gewalt, die einerseits auf sie einwirken, andererseits von ihnen ausgehen. Zwar sind die Seiltänzer ebenfalls Außenseiter der bürgerlichen Gesellschaft, ihre Andersartigkeit ist aber nicht radikal genug: sie werden nicht verachtet, da sie nicht abstoßend und ekelerregend wirken. Die Folge ihrer Makellosigkeit ist jedoch auch ihre Wirkungslosigkeit. Heyms Vitalismus äußert sich vorwiegend in der Darstellung gewalttätiger und lebensvernichtender Kräfte: Krieg und Revolution werden beispielsweise in den Tagebüchern der bürgerlichen Avitalität gegenübergestellt:

"6. Juli 1910: Ach, es ist furchtbar. Schlimmer kann es auch 1820 nicht gewesen sein. Es ist immer das gleiche, so langweilig, langweilig, langweilig. Es geschieht nichts, nichts, nichts. Wenn doch einmal etwas geschehen wollte, was nicht diesen faden Geschmack von Alltäglichkeit hinterläßt. Wenn ich mich frage, warum ich bis jetzt gelebt habe. Ich wüßte keine Antwort. (...) Geschähe doch einmal etwas. Würden einmal wieder Barrikaden gebaut. Ich wäre der erste, der sich darauf stellte, ich wollte noch mit der Kugel im Herzen den Rausch der Begeisterung spüren. Oder sei es auch nur, daß man einen Krieg begänne, er kann ungerecht sein. Dieser Frieden ist so völlig faul ölig und schmierig wie eine Leimpolitur auf alten Möbeln.
Was haben wir auch für eine jammervolle Regierung, einen Kaiser, der sich in jedem Zirkus als Harlekin sehen lassen könnte. Staatsmänner, die besser als Spucknapfhalter ihren Zweck erfüllten, denn als Männer, die das Vertrauen des Volkes tragen sollen." (25) Der Kaiser als Harlekin im Zirkus: für Heym ist dies die Vorstellung völliger Tatenlosigkeit. Die Welt des Zirkus und der Artisten ist nach Ansicht Heyms eine Welt des Scheins. Auch wenn dort Artisten ihr Leben aufs Spiel setzen, befinden sie sich in einer Sicherheit, die eine reale Katastrophe ausschließt.
Martens faßt seine Motivuntersuchung zu Heym wie folgt zusammen:

"Der Tod und die Mächte, die eine Erstarrung des diesseitigen Lebens bedingten, waren jetzt vollends im Besitz der vitalen Kräfte. Damit hatte sich die Stellung des Vitalen um 1800 verschoben: die Lebenden führten ein Totendasein, der Tod und seine Gehilfen hatten dagegen die verlorene Vitalität an sich gerissen." (26)

In dieser Welt der Totgeweihten fand die kraft- und schönheitsbetonte Zirkuswelt keinen Platz. Sie erscheint höchstens als ein Refugium der Weltflucht, eine Stätte, in die der Kaiser als Harlekin paßt und in der irgendwo in der Höhe - von kaum jemandem beachtet - die Seiltänzer ihre Übungen machen.

 

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Anmerkungen zum 1. Kapitel

(1) Nietzsche, a.a.O., Band 4, S. 23



(2) Hillebrand, Artistik und Auftrag, a.a.O., S. 41



(3) Nietzsche, a.a.O., Band 4, S. 21



(4) Begriff von Deleuze, Nietzsche und die Philosophie, a.a.O., S. 206



(5) wie Gobbers schildert, begann die Rolle des Clowns im Zirkus als Artist, der die Lei­stungen seiner Kollegen parodierte. Vgl. Gobbers, a.a.O., S. 175 ff. So war beispielsweise Louis Auriol, ein in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts sehr berühmter Clown, der seine Darbietungen mit artistischen Vorführungen verknüpfte. Signor Saltarino beschreibt ihn, den Sohn eines Seiltänzers, folgendermaßen: "Er zeigte aber auch eine solche Beweglichkeit und Gelenkigkeit, daß die ganz verdutzten Zuschauer nicht wußten, was sie mehr bewundern sollten: seine Equilibristik oder seinen tollkühnen Salto­mortale. Seine Produktionen begleitete er stets mit einem eigenartigen Kreischen der Fistelstimme, das an eine Kindertrompete erinnerte." (Signor Saltarino, Das Artistentum und seine Geschichte, a.a.O., S. 92) Das Kreischen Auriols klingt an in der "fürchterlichen" Stimme von Nietzsches Possenreiters. Sicherlich stand Auriol nicht Pate bei Nietzsches Figur, es scheint mir aber immerhin bemerkenswert, daß Nietzsches Figur mit Erscheinungen aus der Zirkusgeschichte Übereinstimmungen aufweist, die vielleicht nicht bewußt hergestellt sind, aber auch nicht völlige Phantasieprodukte sind.



(6) Scheuer, Nietzsches Labyrinth. Das ursprüngliche Denken und die Seele, München 1985, S. 157



(7) Nietzsche, a.a.O., Band 4, S. 22



(8) Scheuer, Nietzsches Labyrinth. Das ursprüngliche Denken und die Seele, München 1985, S. 158. Das Nietzsche-Zitat aus: Nietzsche, a.a.O., Band 4, S. 199



(9) Deleuze, Nietzsche und die Philosophie, a.a.O., S. 206. Unter einem "reaktiven Menschen" versteht Deleuze im Sinne Nietzsches nicht einen passiven Typus, sondern vielmehr einen Typus, der mit eigenen Kräften den eigenen Untergang einleitet, entweder durch ein verinnerlichtes schlechtes Gewissen oder durch Verfolgung eines asketischen Ideals. Als Beispiel für einen reaktiven Menschen nennt Deleuze den Sklaven: "Die reaktiven Kräfte obsiegen über die aktiven Kräfte; sie siegen, ohne eine stärkere Macht zu bilden." Deleuze, a.a.O., S. 160 (tabellarische Gegenüberstellung des aktiven und reaktiven Typus), sowie S. 181 ff. "Ist der Mensch seinem Wesen nach "reaktiv"?



(10) "Was Nietzsche voraussah, indem er zurücksah, war die Heraufkunft und Herkunft des 'europäischen Nihilismus', welcher besagt, daß nach dem Verfall des christlichen Glaubens an Gott, und damit auch der Moral, 'nichts mehr wahr' ist, sondern 'alles erlaubt ist'." (Löwith, a.a.O., S. 387)



(11) vgl. z.B. Nietzsche, a.a.O., Band 4, S. 14: "Als Zarathustra aber allein war, sprach er also zu seinem Herzen:'Sollte es denn möglich sein! Dieser alte Heilige hat in seinem Walde noch Nichts davon gehört, dass Gott todt ist!'-"



(12) Nietzsche, a.a.O., Band 4, S. 249



(13) Nietzsche, a.a.O., Band 4, S. 17



(14) ebda.



(15) Dabei ist sich Nietzsche bewußt, nicht der erste Entdecker der "Ewigen Wiederkunft" zu sein, wie Kaufmann anhand von verschiedenen Äußerungen Nietzsches nachweist. Vgl. Kaufmann, Nietzsche, a.a.O., S. 370 ff.



(16) Nietzsche, a.a.O., Band 4, S. 359



(17) Nietzsche, a.a.O., Band 4, S. 367



(18) Nietzsche, a.a.O., Band 1, S. 38 f.



(19) Vgl. das Kapitel "Die poetische Lüge" bei Hillebrand, a.a.O., S.40 ff.. Nietzsche habe in seiner "positivistischen Zeit", die Zeit von "Menschliches Allzumenschliches" (1876/78), das widerrufen, was er in der "Geburt der Tragödie" an Verherrlichung der Kunst gelehrt hat. In dieser Zeit "positivistischer Wissenschaftsgläubigkeit und kritischer Zersetzung" (Jaspers: Nietzsche. Einführung in das Verständnis seines Philosophierens, Berlin 1947, S. 43, zit. nach Hillebrand, a.a.O., S. 43), die bis 1881 reichte, also bis kurz vor der Arbeit am Zarathustra, habe es für Nietzsche kein größeres Anliegen gegeben, als die "Entlarvung der Kunst" (Böckmann, Die Bedeutung Nietzsches für die Situation der modernen Literatur, a.a.O., S. 83). Im Zarathustra kündigt sich eine Wende an. "Zarathustra kommt zu der Feststellung: 'Daß die Dichter zu viel lügen? - Aber auch Zarathustra ist ein Dichter.'Und weiter heißt es, wenn jemand allen Ernstes sage, 'die Dichter lügen zuviel: so hat er Recht, - wir lügen zuviel.' (...) Diese Zweifel reichen bis zur Qual und Scham, die Nietzsche darüber empfindet, daß er die Wahrheit nicht unmittelbar greifen und aussprechen kann, daß er sich dafür noch der dichterischen Mittel des Scheins bedienen, sich mit Bildern, Metaphern oder Gleichnissen behelfen muß. So klagt Zarathustra: '- daß ich nämlich in Gleichnissen rede, und gleich Dichtern hinke und stammle: und wahrlich, ich schäme mich, daß ich noch Dichter sein muß! -' Der Antagonismus zwischen dem Schein der Kunst und der Wahrheit des Denkens ist für Nietzsche zu diesem Zeitpunkt ein unlösbarer Konflikt." (Hillebrand, a.a.O., S. 44 f.)



(20) Bloch, Gesamtausgabe Band 10 (Philosophische Aufsätze zur objektiven Pantasie), Frankfurt/M 1969, S. 304



(21) Scheuer, Nietzsches Labyrith. Das ursprüngliche Denken und die Seele, München 1985, S. 157



(22) Jones, Art and entertainment, a.a.O., S. 140



(23) Das Bild erinnert an das Friedenssymbol schlechthin: die weiße Taube. Auch Benjamin verwendet den Vergleich von Artisten mit Vögeln (Rezension zu Ramon Gomez de la Serna, a.a.O., S. 72). In seinem Vergleich des Zirkus mit einem Tierparadies stehen die Vögel für Freiheit und Frieden. Das ganze befindet sich allerdings im Rahmen eines "soziologischen Naturschutzparks"; innerhalb eines umgrenzten Friedens- und Freiheitsraumes.



(24) Vgl. Schneider, Der bildhafte Ausdruck in den Dichtungen Georg Heyms, Georg Trakls und Ernst Stadlers, a.a.O., S. 21



(25) Heym, Gesamtausgabe, Band 3, a.a.O., S. 138 f.



(26) Martens, Vitalismus und Expressionismus, a.a.O., S. 238